Der Amazonas-Regenwald brennt – eine humanitäre und umweltpolitische Katastrophe

Mehrzahl an Waldbränden durch Brandstiftung verursacht

Große Teile des brasilianischen und inzwischen auch bolivischen Amazonas-Regenwaldes brennen lichterloh. Man möchte annehmen, dass es sich um eine Naturkatastrophe während der Trockenzeit, der sogenannten Queimada, handelt. Doch weit gefehlt: Bei den meisten der in diesem Jahr vom brasilianischen Raumfahrtforschungszentrum Inpe registrierten mehr als 72.000 Bränden handelt es sich um Brandstiftung. Satellitenbilder zeigen Inpe zufolge, dass allein am letzten Donnerstag, dem 15. August, 9.507 neue Brände ausbrachen. Im Monat Juli war die Anzahl der Waldbrände drei mal so hoch wie im Vorjahr. In diesem Monat betrug die gerodete Fläche des Regenwales 2.254 Quadratkilometer. Etwa 60 Prozent des Amazonas-Regenwaldes befinden sich in Brasilien. Die Fläche diese Anteils beträgt etwa 2,1 Millionen Quadratkilometer. Bisher beläuft sich die gesamte Steigerung der Brände im Vergleich zum Vorjahreszeitraum über 80 Prozent. Die Folgen sind kaum abzusehen.

Die Ursachen liegen hingegen für viele auf der Hand. Die Verantwortung wird vor allem bei Präsident Jair Bolsonaro gesucht, der Anfang dieses Jahres sein Amt in der brasilianischen Regierung antrat. Bolsonaro gilt als Klimawandelleugner und engagierter Förderer der Agrarindustrie. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, will Bolsonaro „den Amazonas gegen internationalen Protest zum Rohstoffabbau freigeben und dafür auch Naturschutzgebiete und Reservate der Ureinwohner opfern.“ Im Lichte der Politik des sozialliberalen Präsidenten erscheine vielen Viehzüchtern die Brandrodung des Regenwaldes als inoffiziell legalisiert. Berichten der ZEIT zufolge verweist Bolsonaro auf die zu dieser Jahreszeit typische Trockenperiode als Ursache für die gewaltige Waldbrand-Situation und weist Vorwürfe kategorisch ab. Die Süddeutsche Zeitung hingegen zitiert Großgrundbesitzer und Farmer aus dem Bundesstaat Pará: „Wir wollen dem Präsidenten zeigen, dass wir arbeiten wollen!“. Anlass zu dieser Aussage war das Anstecken großer Flächen an einer Landstraße entlang.

Inzwischen haben mehrere brasilianische Bundesstaaten den Umweltnotstand ausgerufen. Die Brände breiten sich aufgrund der großen Trockenheit schnell aus. Bäume und Sträucher geraten besonders schnell in Brand. Die Trockenzeit hat zu allem Überfluss gerade erst begonnen. INPE berichtet, dass im August und September weiterhin unterdurchschnittliche Niederschläge erwartet werden. Die Situation wird voraussichtlich weiter sehr angespannt bleiben. Die Löscharbeiten gestalten sich aufgrund von unzureichender Infrastruktur vielerorts schwierig.

 Aktuelle Situation macht Angst, sorgt für starke Rauchentwicklung und Stromausfälle

Die brasilianische Bevölkerung leidet aktuell unter den unmittelbaren Folgen der verheerenden Waldbrände. Die derzeitige Situation macht der Nachrichtenagentur dpa zufolge Anwohnern große Angst, denn Waldbrände in diesem Ausmaß sind schon seit vielen Jahren nicht mehr aufgetreten.

Die Brandbekämpfung nimmt alle verfügbaren Einsatzkräfte in Anspruch. Manche unterirdischen Brandherde werden erst spät entdeckt, können nicht rechtzeitig gelöscht werden und breiten sich weiter aus.

Selbst in der 2.000 Kilometer von den nächsten Brandherden entfernt liegenden brasilianischen Hauptstadt São Paolo sind die Waldbrände zu spüren: Hier führten sie zu einem einstündigen Stromausfall.

Die enorme Rauchentwicklung führt zu Atemnot und sehr schlechter Sicht, selbst in weiter entfernten Orten. In São Paulo ist tagsüber der Himmel schwarz. Menschen werden gesundheitlich beeinträchtigt und der Verkehr behindert.

Die unverzüglich spürbaren Konsequenzen der aktuellen Situation sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs.

Klimaschutz wird durch Flächenrodung dramatisch erschwert

Langfristig muss mit viel weitreichenderen Folgen der rekordhohen Anzahl der Waldbrände und der damit verbundenen Zerstörung von Flächen gerechnet werden.

Der Amazonas-Regenwald gilt als die Grüne Lunge der Welt. Er verarbeitet der ZEIT zufolge jährlich mehr als zwei Milliarden Tonnen CO2, was etwa einem Fünftel des weltweit verfügbaren Sauerstoffs entspricht. Mit jeder weiteren Reduktion der Fläche des Amazonas-Regenwaldes ist nicht nur die Artenvielfalt weiter bedroht, sondern auch das globale Ökosystem.

Darüber hinaus ist der Amazonas-Regenwald der Lebensraum der indigenen Bevölkerung in Brasilien. Sie ist durch die Waldbrände akuter Lebensgefahr ausgesetzt. Wie die ZEIT berichtet, hat Präsident Bolsonaro die Gebiete der indigenen Bevölkerung unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Januar 2019 dem Landwirtschaftsministerium unterstellt. Das gefährdet den Schutzstatus der Eingeborenen zusätzlich.

In den deutschen sozialen Medien kursieren Boykott-Aufrufe gegen brasilianische Landwirtschaftsprodukte wie Fleisch und Sojabohnen. Die Vorwürfe gegen Präsident Bolsonaro werden immer lauter. Ihm wird unterstellt, indirekt zu illegaler Rodung der Wälder zugunsten von  Viehzucht zu motivieren. Bolsonaro ist erst seit acht Monaten im Amt. Sein Amtsantritt wird damit als Zäsur in der brasilianischen Umweltpolitik gesehen. Seine politische Position wird in Verbindung mit den traurigen Rekorden der Zahl an Waldbränden gebracht. Selbst wenn diese Klimakatastrophe für Bolsonaro Konsequenzen haben sollte, dann sind – bisher – zehntausende Quadratkilometer Regenwald für viele Jahre verloren. Eine Aufforstung ist möglich, aber enorm langwierig. Früher engagierte Stützer und Geldgeber für die Rettung des Amazonas-Gebietes wie der Amazonas-Fonds haben ihre Unterstützung im Protest gegen die Politik des neuen Präsidenten zurückgezogen.

Zunehmende, vorsätzliche Brandrodungen im Amazonas-Gebiet werden mit hoher Wahrscheinlichkeit weitreichende, noch nicht zu beziffernde Folgen für das globale Ökosystem haben. Und das wies bereits vor den verheerenden Bränden dieses Jahres eine nicht nachhaltige CO2-Bilanz auf. Mit der aktuellen Entwicklung in Brasilien wird Klimaschutz nun noch schwieriger.

 

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Eure Margreblue Team

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