Klimakampf mal ganz anders!

Der Ölstaat Katar kühlt nun auch seine Außenräume.

Der Kampf gegen die klimabedingte Hitze schadet dem Klima jedoch nur zusätzlich

Die steigenden Temperaturen in der ohnehin heißen Region Qatars machen einen normalen Alltag hier im Sommer unmöglich. Daher hat der Staat begonnen, auch Außenbezirke wie Straßen und Marktplätze mit speziell konstruierten Klimaanlagen zu kühlen – auf Kosten des Klimas. Denn die klimabedingte Temperatursteigung wird nun durch Kühlung aus fossilen Brennstoffen noch verstärkt.

Katar will seinen Wachstumspfad um jeden Preis fortsetzen

Die 2,7 Millionen Einwohner Katars, von denen nur jeder Neunte ein Inländer ist, erwirtschafteten im Jahre 2018 über 192 Milliarden US-Dollar. Das macht das rohstoffreiche Land zu einem der wohlhabendsten der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (BIP) war 2018 mit über 70.000 US-Dollar global das siebthöchste. Tendenz steigend. Katar nimmt auch in einer anderen Statistik einen absoluten Spitzenplatz ein. Knapp 100 Millionen Tonnen fossile CO2-Emissionen produzierte das Land im Jahre 2016, d.h. über 37 Tonnen pro Kopf. Damit liegt Katar über 50 Prozent höher als das Land Nummer 2 auf der Liste der pro-Kopf-Klimasünder (Montenegro mit knapp 26 Tonnen per capita pro Jahr). Zum Vergleich liegt Deutschland mit 9,4 Tonnen auf Platz 28. Stark wachsende Entwicklungsländer kommen derzeit mit 7,3 Tonnen (China) bzw. 2,3 (Brasilien) oder 1,9 (Indien) aus.

Die größte Bevölkerungskonzentration Katars herrscht in der Hauptstadt Doha, in deren Einzugsgebiet eine knappe Million Menschen lebt. Hier werkeln Tausende, meist ausländische Arbeiter an den Fußball-Stadien für die WM in 2022. Hier arbeiten auch viele der Beschäftigten in den Öl- und Gas, Düngemittel- oder Petrochemie-Industrien. Und hier geben die gut verdienenden Katarer nicht zuletzt ihr Geld aus. Damit dieser einträgliche Wirtschaftskreislauf weiterhin funktionieren kann, kühlt der Staat nun nicht nur Gebäude, sondern auch die Außenbereiche und öffentlichen Plätze wie Einkaufsstraßen und Märkte. Dabei geht es nicht nur ums Wohlfühlen und weniger Schweiß. Der Aufenthalt in Katar wäre an vielen Orten heute ohne Kühlung unerträglich.

Leben und Arbeiten in der Hitze unmöglich

Das Leben und Arbeiten in der extremen Hitze, die im Sommer bis zu 46⁰C erreichen, kann gesundheitsschädlich und sogar tödlich sein. Denn bei gleichzeitiger hoher Luftfeuchtigkeit versagt das menschliche „Ventilationssystem“. Bei hohen Temperaturen kühlt sich der Körper ab, indem er Wasser auf der Hautoberfläche verdunsten lässt, also schwitzt. Bei einer Luftfeuchtigkeit von knapp 100 Prozent nimmt die Luft keine Feuchtigkeit mehr auf. Das heißt, dass Menschen ihre selbst produzierte Hitze in einer solchen Umgebung nicht mehr loswerden können. Diese bedrohliche Kombination wird in den kommenden Sommern immer wahrscheinlicher. Denn nach Aussagen von Mohammed Ayoub, dem Forschungsdirektor des Katarer Umwelt- und Energieforschungsinstituts, steigen die Temperaturen hier immer weiter an. In der britischen Zeitung The Independent gibt er an, dass in Katar in absehbarer Zeit mit einer Steigerung der Spitzentemperaturen von 4 bis 6 ⁰C zu rechnen ist – und das in einer Region, wo bereits sehr hohe Temperaturen herrschen. Das auf dem Pariser Gipfel in 2015 weltweit vereinbarte Ziel, eine globale Erwärmung von 2⁰C zu unterschreiten, wurde in dem arabischen Staat bereits verpasst.

Die gefährliche Hitze bekommen die Menschen in Katar deutlich zu spüren. Die Zahl der zu Tode gekommenen Gastarbeiter, die am Fußballstadium arbeiteten, ist per August 2018 auf 1.400 nach Angaben von t-online.de angestiegen. Zahlreiche Todesfälle sind auf die Klima- und Hitzebedingungen zurückzuführen. Zwar ist die Arbeit zwischen 11.30 und 15 Uhr mittlerweile untersagt, doch Beobachter berichten regelmäßig von Verstößen gegen diese Regel. Auch aus diesem Grund sieht sich die Regierung genötigt, die Bedingungen für seine Einwohner durch Kühlung zu verbessern.

Hitzebekämpfung hat fatale Konsequenzen für das globale Klima

Die deutliche Erhöhung der globalen CO2-Emissionen hat stark zur aktuellen Katarer Hitze beigetragen. In einem bizarren Zirkelschluss trägt nun die Bekämpfung eben dieser Hitze noch mehr zur globalen Erwärmung bei. Denn die elektrische Abkühlung der Straßen von Doha und anderer Orte in Katar ist fossilen Ursprungs – schließlich warten die Öl- und Gasvorräte direkt vor der Tür. Die Maßnahmen zur Kühlung des Ölstaates beschleunigen damit die globale Erwärmung in noch größerem Ausmaß. Langfristig könnte die Region Katars gänzlich unbewohnbar werden. Bis dahin werden hier unter dem Einsatz von Leben Fußballstadien gebaut und mit fossilen Brennstoffen Außenbereiche gekühlt. Es bleibt abzuwarten, ob der Ölstaat seinen Erfolg jemals dem Klima und der Sicherheit von Menschen opfern wird.

…und wir sollten uns dieselbe Frage stellen!

 

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